Pfusch am Bau - Was ist ein Mangel auf Baustellen? Gibt es mängelfreie Baustellen?

Prinzipiell muss man auch ehrlich feststellen, dass es keine mängelfreien Baustellen gibt – wo Menschen arbeiten, entstehen Fehler.

Zudem sind Bauprojekte durchwegs komplexe Projekte mit unzähligen Schnittstellen zwischen den unterschiedlichsten Gewerken. Die meisten Mängel treten während der Bauphase auf, sie sind behebbar und können meist vor Fertigstellung und Übergabe des Bauwerks an den Auftraggeber behoben werden. Dabei wird generell versucht, bzgl. eventuell anfallenden Mehrkosten unter allen Beteiligten einen Konsens zu erzielen, ohne dass es zu einer Versicherungsmeldung kommt, da meistens die Schadenssummen nicht sehr hoch sind.

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Was passiert bei Mängel auf der Baustelle?

Grundsätzlich unterscheidet man folgende Vorgangsweisen bzw. stehen folgende Optionen im Schadensfall offen (wenn vereinbart lt. ÖNorm B 2110 bzw. Recht aus der Gewährleistung §932 ABGB i. d. g. F.):

 1. Nacherfüllung, Verbesserung bzw. Austausch

Bei Nachbesserung, Austausch oder Nachtrag des Fehlenden wird dem Verursacher des Schadens bzw. Mangels die Gelegenheit eingeräumt, diesen zu verbessern oder auszutauschen und innerhalb einer vereinbarten Frist zu beheben. Dies darf allerdings keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand und Kosten erzeugen. Die Kosten richten sich nach dem Wert der „mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten“.

 2. (Preis-)Minderung

Alternativ kann bei Verstreichen der Nacherfüllungsfrist oder wenn die Verbesserung oder der Austausch undurchführbar bzw. mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden ist, auch eine (Preis-)Minderung geltend gemacht werden.

 3. Selbstvornahme, Ersatzvornahme oder behelfsmäßige Behebung

Eine Selbstvornahme, Ersatzvornahme oder behelfsmäßige Behebung ist nur dann zulässig, wenn die Nacherfüllungsfrist ergebnislos verstrichen ist. Erst dann kann der Bauherr bzw. die örtliche Bauaufsicht eine andere Firma mit der Mängelbeseitigung beauftragen. Die dabei entstehenden Kosten können der ursprünglich ausführenden Firma auferlegt werden.

 4. Rücktritt vom Vertrag

Sofern es sich nicht um einen geringfügigen und nicht behebbaren Mangel handelt, ist auch eine „Wandlung“ (die Aufhebung des Vertrages“ in letzter Konsequenz, sollten alle in Betracht gezogenen Möglichkeiten der Schadensbegrenzung erfolglos verlaufen sein) möglich.

 5. Schadenersatz erheben

Grundsätzlich hat der Bauherr einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn weder eine Verbesserung noch ein Austausch möglich ist oder die Behebung des Schadens mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre und dies eine dauerhafte Wertminderung oder Beeinträchtigung der Objekt-Nutzung darstellen würde.

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Um potenziellen Schäden vorzeitig auf die Spur zu kommen und damit bereits vor Auftreten abzuwenden bzw. das Ausmaß möglicher Schäden zu reduzieren, ist es in erster Linie unumgänglich, bei allen Projekten Sorgfalt walten zu lassen und den Arbeitsfortschritt nachvollziehbar (lesbar) zu dokumentieren. Dazu zählen Gedächtnis- und Gesprächsprotokolle, Aktenvermerke, Schriftverkehr, Bautagebuch, Fotodokumentationen, Aufträge, Ausschreibungen, Berechnungen, Pläne, Bescheide, Prüfvermerke etc. Diese sind über einen Nachhaftungszeitraum von 30 Jahren aufzubewahren (Achtung: Lesbarkeit von digitalen Daten).

Tipp
Die Beauftragung einer örtlichen Bauaufsicht ist auch für private und kleine Bauvorhaben ratsam und zahlt sich allemal in Hinblick auf die Abwehr von potenziellen Schäden und Schadensbehebung aus. steppe architekten

Grundsätzlich sollte jeder Ziviltechniker eine Grundabsicherung für seine berufliche Tätigkeit in Form eines generellen Planungshaftpflichtvertrages mit ausreichender Versicherungssumme und im Idealfall mit unbegrenzter Nachdeckung (mind. 30 Jahre) abgeschlossen haben. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist zwar für Ziviltechniker nicht verpflichtend bzw. nicht vorgeschrieben, wird aber vor allem von Seiten der öffentlichen Auftraggeber immer öfter eingefordert und findet sich zuletzt auch vermehrt in den Auslobungen von Architekturwettbewerben wieder.

Tipp
Fragen Sie den Architekten nach seiner Haftpflichtversicherung, welche Leistungen er versichert hat und bitten Sie um eine Bestätigung seiner Haftpflichtversicherung. Letzteres empfiehlt sich auch bei den beauftragten Baufirmen. steppe architekten

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Autor: Petra Kickenweitz • steppe architekten
Illustration: Jacqueline Kaulferschcardamom

Erstveröffentlichung Mai 2021