Was ist die Leistung des Architekten und welche Aufgaben übernimmt ein Architekt?

Die Aufgaben bzw. die Leistungen, die der Architekt übernimmt, ergeben sich konkret aus der vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit im Bereich der Planung und der darauf folgenden Bauüberwachung. Als Grundlage dafür dienen die von der Kammer der ZiviltechnikerInnen formulierten Leistungs- und Vergütungsmodelle 2014 (LM.VM 2014). Die darin aufgelisteten Leistungen sind grundsätzlich frei zu vereinbaren und ihr Umfang bildet die Basis der Honorarberechnung. Der Auftraggeber, die Bauherren, entscheiden damit z.B., wie weit der Architekt beauftragt wird – bis zur Einreichung bei der Baubehörde oder darüber hinaus mit der Ausführungsplanung, Angebotseinholung, Begleitung der Bauausführung oder mit der örtlichen Bauaufsicht. Alle Leistungsphasen sind durch eine laufende Qualitäts- und Kostenkontrolle gekennzeichnet.

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Was ist die Leistung des Architekten?

Im Bereich der Architektur wird grundsätzlich zwischen dem Leistungsmodell Objektplanung – Architektur (LM_OA) für Großprojekte und öffentliche Auftraggeber (u.a. Gemeinden) und Architektur – Konsumentenprojekte (LM_AK – Projekte bis circa 1 Mio. €) für private Auftraggeber unterschieden. Dementsprechend werden insgesamt acht Leistungsphasen beim Konsumentenprojekt (LM_AK) bzw. neun Leistungsphasen beim Leistungsmodell Objektplanung – Architektur (LM_OA) beschrieben:

1.     In der ersten Leistungsphase Grundlagenanalyse (LPH 1) ermittelt der Architekt mit dem Bauherrn die Vorstellungen in puncto Bedarf, Bauqualität, Nutzungsanforderungen sowie den finanziellen Rahmen (Kostenrahmen +/- 20%). Zusätzlich informiert der Architekt über die baurechtlichen Möglichkeiten am Grundstück, und welche Förderungsmöglichkeiten bestehen. Er besichtigt mit dem Auftraggeber das Grundstück bzw., wenn vorhanden, das Bestandgebäude und zeigt auf, ob und wie eine Sanierung möglich ist. Des Weiteren berät der Architekt zum gesamten Leistungsbedarf und bei Bestandsgebäuden hinsichtlich des Untersuchungsbedarfs sowie welche Fachplaner (Statiker, Denkmalschützer, Geologen, Haustechnik- und Elektroplaner etc.) miteinbezogen werden sollten.

Tipp
Es macht durchaus Sinn, den Architekten noch vor Grundstückskauf hinzuzuziehen, da er bereits im Vorfeld klären kann, ob das Grundstück voll aufgeschlossen ist, welche Widmung es hat, welche zusätzlichen Gutachten und baulichen Maßnahmen erforderlich sind und ob es Ihren Anforderungen entspricht.
Zudem bieten die meisten Architekten das erste Beratungsgespräch oder die erste Grundstücksbesichtigung kostenlos an. Daher rufen Sie uns einfach an oder schreiben Sie uns ein Email. steppe architekten

2.     Auf Basis der ermittelten Grundlagen wird ein Vorentwurf (LPH 2), meist im Maßstab 1:200, ein Lösungsvorschlag in Form von ersten Planskizzen, erarbeitet. Nach der Entscheidung, an welcher Variante weitergearbeitet werden soll, werden erste Abstimmungsgespräche mit der Behörde geführt, eine erste Kostenschätzung (+/- 15 %) und ein Planungsterminplan erstellt.

3.     Nach Freigabe des Vorentwurfs durch den Bauherrn bzw. Auftraggeber wird in der Entwurfsplanung (LPH 3) im Maßstab1:100 der Entwurf weiter in die Tiefe gehend ausgearbeitet bzw. Änderungen eingearbeitet. Es werden erste Festlegungen zu Aufbauten bzw. Konstruktion, Material und Farbe festgelegt und gegebenenfalls erste Angaben von Fachplanern für Haustechnik, Elektrotechnik etc. (z.B. Steigschächte oder Kamin betreffend) eingearbeitet. Neben weiteren Klärungsgesprächen mit der Behörde wird eine Kostenberechnung (+/- 10 %) und ein Rahmenterminplan für die gesamte Planungs- und Ausführungszeit erstellt.
 

4.     Nach der Freigabe des Entwurfs durch den Bauherrn wird an der umfangreichen Einreichplanung (LPH 4) weitergearbeitet. Die Einreichplanung umfasst neben der Durcharbeitung und Ergänzung des Plans im Maßstab 1:100 u.a. die Einarbeitung von statischen Angaben, Brandschutzanforderungen, Haustechnik (Heizung und Schmutzwasser- sowie Regenwasserableitungen). Je nach Umfang und Bauaufgabe sind neben dem Bauantrag und der Baubeschreibung die Bruttogeschoß- und Regenwassersickerberechnung sowie statistische Datenblätter zu erstellen. Zusätzlich sind zahlreiche Unterlagen zusammenzustellen, wie Grundbuchauszug, Energieausweis, und bei Bedarf Betriebsanlagengenehmigungen, wasserrechtliche Genehmigungen u.Ä. einzuholen.
Nach Unterschrift des Bauherrn und Bauwerbers werden seitens des Architekten die Einreichunterlagen bei der Behörde für die öffentlich-rechtliche Genehmigung eingereicht. Der Architekt vertritt, berät und unterstützt den Bauherrn aktiv beim anschließenden Genehmigungsverfahren mit der Behörde (Bauverhandlung).

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5.     Parallel zum Einreichverfahren kann bereits an der Ausführungsplanung (LPH 5) weitergearbeitet werden. Diese Leistungsphase stellt den Beginn der Vorbereitung auf die Bauausführung dar. Sie umfasst neben der Erstellung von Polierplänen im Maßstab 1:50 auch Detailpläne sowie zur Vorbereitung der Angebotseinholung notwendige Unterlagen, wie Wandabwicklungen, Fenster- und Türlisten. Des Weiteren sind Angaben aus den Ausführungsplanungen von an der Planung beteiligten Fachplanern, wie z.B. Tragwerksplanern, und mögliche Auflagen der Behörde, die im Baubescheid stehen, einzuarbeiten. Zusätzlich werden die Terminplanung, Objektbeschreibungen und Raumbücher als Grundlage der Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung erstellt bzw. konkretisiert.


6.     Auf Basis der detaillierten Ausarbeitung der Ausführungsplanung wird die Ausschreibung der Bauleistungen (Material- und Arbeitskosten) erarbeitet. Für die Angebotseinholung (LPH 6) bei Architektur – Konsumentenprojekte (LM_AK) für Projekte bis circa 1 Mio. € und von privaten Auftraggebern werden eine funktionelle Ausschreibung bzw. Leistungsbeschreibungen erstellt, die Mengen ermittelt und mindestens drei Angebote je Gewerk eingeholt.
Für Großprojekte und öffentliche Auftraggeber (u.a. Gemeinden) werden entsprechend der Objektplanung – Architektur (LM_OA) Ausschreibungen bzw. standardisierte Leistungsverzeichnis (LPH 6) mit eigenen Software-Programmen nach der Leistungsbeschreibung Hochbau (LB-HB) des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) erstellt und bei öffentlichen Auftraggebern entsprechend dem Bundesvergabegesetzes (BVergG) abgewickelt. Für die Leistungsbeschreibung bzw. Ausschreibung wird ein Kostenanschlag (+/- 5%) erstellt.
Im Zuge der Mitwirkung an der Vergabe (LPH 6) werden für die eingeholten Angebote zum Vergleich sogenannte Preisspiegel erstellt und diese auf Plausibilität geprüft. Die Architekten wirken bei den Verhandlungen und klärenden Bietergesprächen sowie bei der Vergabe mit.

7.     In der Leistungsphase Begleitung der Bauausführung (LPH 7), ehemals als technische künstlerische Oberleitung bezeichnet, werden Montage- und Werkpläne der Gewerke auf Übereinstimmung überprüft und freigegeben. Gestalterische, technische und konstruktive Fragen, die auf der Baustelle auftreten, werden geklärt und bei Bedarf Planunterlagen aufgrund von Detail- oder Maßänderungen aktualisiert.

8.     Im Rahmen der Örtlichen Bauaufsicht und Dokumentation (LPH 8) vertritt der Architekt die Interessen des Bauherrn, überwacht die Herstellung des Bauwerks, sorgt für die korrekte Ausführung, koordiniert die Lieferungen und Leistungen, kontrolliert die Übereinstimmung mit den Plänen und Verträgen, dokumentiert den Baufortschritt, achtet auf die Einhaltung der technischen Regeln und der behördlichen Vorschreibungen aus dem Baubescheid. Er kontrolliert die Abrechnungen, die Aufmaße und prüft die Rechnungen im Zuge der Kostenfeststellung. Er berät und wirkt an der Abnahme der Bauleistungen, an der Feststellung und Beseitigung von Mängeln sowie an der behördlichen Bauabnahme mit. Der Architekt überprüft dabei nicht die Leistungen von Haus- und E-Technik. Dieser Aspekt der örtlichen Bauaufsicht wird von Fachplanern der Haus- und E-Technik übernommen. Auch die Leistung der Baustellenkoordination, der Überwachung der Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle, ist gesondert zu vergeben.

9.     Die letzte Leistungsphase Objektbetreuung (LPH 9) findet in erster Linie bei Großprojekten und öffentlichen Auftraggebern (u.a. Gemeinde) lt. Objektplanung – Architektur (LM_OA) Anwendung. Hierbei handelt es sich um eine Objektbegehung vor Ablauf der Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche gegenüber den Baufirmen (max. 3 Jahre ab Abnahme der Bauleistungen), um etwaige Mängel festzustellen, deren Beseitigung zu veranlassen und zu überwachen.

Tipp
Besprechen Sie im Zuge der Angebotseinholung bei einem Architekten die angebotenen Leistungen der
Leistungs- und Vergütungsmodelle 2014 durch und lassen Sie sich die einzelnen Leistungsphasen im Anbot anführen und auspreisen. So können Sie vertraglich vereinbaren, die Leistungsphasen auch stufenweise nach Planungsfortschritt zu beauftragen. steppe architekten

Haben Sie noch Fragen oder möchten Sie ein Angebot für Ihre Planung erhalten, dann kontaktieren Sie uns einfach hier.

Autor: Petra Kickenweitz • steppe architekten
Illustration: Jacqueline Kaulferschcardamom

Erstveröffentlichung Mai 2021